Green Claims-Richtlinie

"Umweltfreundliche" Alu-Kaffeekapseln, "klimaneutrale" Milch oder “100 % recycelbare” Papier- und Plastikverpackungen. Greenwashing ist eine Taktik, damit Produkte nachhaltiger aussehen, als sie es sind. Das Produkt wird "grün gewaschen", also suggeriert etwas, was gar nicht da ist.

Green Claims-Richtlinie

"Umweltfreundliche" Alu-Kaffeekapseln, "klimaneutrale" Milch oder “100 % recycelbare” Papier- und Plastikverpackungen. Greenwashing ist eine Taktik, damit Produkte nachhaltiger aussehen, als sie es sind. Dadurch suggeriert das Produkt etwas, was gar nicht da ist. Eine bekannte Methode ist die Benutzung von irreführenden Bezeichnungen, wie z.B. Naturkosmetik. Dieser Begriff ist nicht gesetzlich geschützt, gibt aber trotzdem den Verbraucher*innen das Gefühl, etwas nachhaltiges zu kaufen. Hierbei sollte klar unterschieden werden zwischen verifizierten Labels, welchen eine konkrete Systematik zugrunde liegt, und Green Claims zu Deutsch: Grüne Umweltaussagen - Aussagen, die ohne formelle Grundlage einfach getätigt werden.

Laut der Europäischen Kommission geben 53 % der Green Claims vage, irreführende oder unbegründete Informationen an, und 40 % der Behauptungen haben keine Belege. Greenwashing ist gefährlich, weil es das Vertrauen der Verbraucher*innen missbraucht. Wenn Verbraucher*innen nachhaltige Entscheidungen treffen möchten, darf dieser Wunsch nicht ausgenutzt werden. Dazu kommt, dass Greenwashing den Wettbewerbsvorteil wahrer nachhaltiger Unternehmen und Produkte mindert.

Der Weg zum Gesetz

Deswegen hat das Europäische Parlament im November 2020 die EU Kommission formell darum gebeten, eine Gesetzesinitiative gegen Greenwashing zu formulieren. Im März 2023 wurde dann der Gesetzesvorschlag der Kommission veröffentlicht. Danach lag der Ball bei den zuständigen Ausschüssen des Europaparlaments für Umwelt (ENVI) und Verbraucherschutz (IMCO) eine “Meinung” zu diesem Gesetzesvorschlag zu erarbeiten. Nach monatelangen Recherchen und Besprechungen haben wir in den EP-Ausschüssen im Februar 2024 erfolgreich über Änderungen zum Gesetzesvorschlag abgestimmt. Anschließend wird der Bericht voraussichtlich auf der Plenarsitzung vom 13-16. März 2024 in Straßburg offiziell angenommen.

Demnach müssen in der Zukunft alle Green Claims mit wissenschaftlichen Methoden bewiesen werden. D.h. ,wenn ein Unternehmen behauptet, dass dieses oder jene Produkt “klimaneutral” oder “plastikfrei” ist, muss dies vor der Betitelung durch Dritte nachgewiesen werden. Diese Dritte sind sogenannte “Verifiers” (dt. Prüfer). Das sind eigenständige unabhängige Unternehmen wie Dektra oder TÜV. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, andere Unternehmen und die Richtigkeit ihrer Aussagen zu überprüfen. Außerdem kontrollieren sie, ob die behauptete Umweltauswirkung (z. B. Reduzierung von Plastik) nicht zu negativen Auswirkungen auf einen anderen Umweltaspekt (z. B. Biodiversität) führt. Da es aber nicht nötig ist, für alle Green Claims eine vollständige Verifizierung durchzuführen, haben wir in Zusammenarbeit der beiden Ausschüsse für Verbraucherschutz und Umweltschutz entschieden, dass für “einfache” Fälle die EU Kommission das “Vereinfachte Verifizierungssystem" umsetzen kann. Dadurch benötigen Unternehmen keine vollständige Analyse durch Dritte und können schneller ihre Grüne Umweltaussage auf den Markt bringen.

Zudem schränkt die neue Bestimmung die Möglichkeit ein, Produkte als “klimaneutral”, “biodiversitätsneutral” oder “plastikneutral” zu kennzeichnen. Wenn diese Betitelung auf Kompensationen beruhen, muss dies kenntlich gemacht werden. Es muss deutlich gemacht werden, für welchen Bereich in der Produktion die Kompensation greift und in welcher Höhe. Unternehmen sollten Emissionen innerhalb ihres Unternehmens und innerhalb ihrer Wertschöpfungskette reduzieren und diese nicht einfach kompensieren. Wenn Unternehmen fliegen, können sie nicht einfach behaupten, dass sie bzw. die getätigten Flüge klimaneutral sind.  Nach den derzeitigen Vorschriften kann das Unternehmen jedoch behaupten, dass es aufgrund von Kompensationen klimaneutral ist, was natürlich höchst irreführend ist. Ähnlich ist es bei Neutralitäts-Aussagen in Bezug zu Plastik oder der Biodiversität, welche momentan vielleicht noch nicht weit verbreitet sind, aber in der Zukunft immer populärer werden könnten.

Momentan sind alle Unternehmen außer Kleinstunternehmen (unter 2 Mio. Euro Umsatz und 10 Mitarbeitenden) von diesen Gesetzesänderungen ausgeschlossen. Dies ist gut, aber besser wäre es, wenn Kleinstunternehmen in der Zukunft berücksichtigt würden. Denn Konsument*innen können oft nicht wissen, ob die Unternehmen hinter den Green Claims klein oder groß sind.

Momentan gilt dies für alle Unternehmen außer Kleinstunternehmen. Kleinstunternehmen mit einem Umsatz von unter 2 Mio. Euro und bis zu 10 Mitarbeitenden sind von den Gesetzesänderungen ausgeschlossen. Dies ist gut, aber besser wäre es, wenn Kleinstunternehmen in der Zukunft ebenfalls mit berücksichtigt würden. Denn Konsument*innen können oft nicht wissen, ob die Unternehmen hinter den Green Claims klein oder groß sind.

Bezüglich der Kennzeichnung von “nicht-giftig” oder “nicht-schädlich” auf Produkten, welche umwelt- oder gesundheitsgefährdende Materialien enthalten, konnte leider keine Einigung beschlossen werden. Wir haben die EU Kommission aufgefordert, sich diesem Problem zu widmen und einen Gesetzesvorschlag zu entwickeln.

„Es kann nicht sein, dass Unternehmen Bürger*innen mit Greenwashing manipulieren und belügen. Das zerstört nicht nur der Vertrauen der Verbraucher*innen, sondern verhindert auch einen fairen Wettbewerb wirklich nachhaltiger Produkte! Ich begrüße diese Richtlinie.”

Wie geht es weiter?


Als nächstes wird das Europäische Parlament über unseren Vorschlag abstimmen. Dies wird in der Plenarsitzung im kommenden März 2024 stattfinden. Falls dem Vorschlag zugestimmt wird, wird der Rat der Europäischen Union anfangen, eine Meinung zum Gesetzesvorschlag zu erarbeiten. Wenn der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament über einen finalen Gesetzestext entschieden haben, haben die Mitgliedsländer ein Jahr Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln und anzuwenden.

Häufige Fragen und Antworten

Woran kann ich Greenwashing erkennen?

1) Vague Informationen und falsche Behauptungen

Ein gesamtes Produkt wird als „natürlich“, „biologisch“ oder „umweltfreundlich“ beschrieben, auch wenn nur einzelne Inhaltsstoffe diesem Kriterium entsprechen. Darüber hinaus gilt, nur weil ein Produkt oder eine Verpackung recyclebar wäre, heißt dies noch lange nicht, dass es auch besonders einfach zu recyclen ist - und dann auch schlussendlich recycelt wird.

2) Vortäuschung

Ein grünes Blatt oder ein Hintergrund, der aussieht wie recyceltes Papier, können Verbraucher*innen das Gefühl geben, dass es sich um ein wirklich nachhaltiges Produkt handelt, obwohl dies gar nicht der Fall ist.

3) Symbolische Aktionen

Es ist gängige Praxis, dass Hersteller eine kleine Aktion oder Initiative mit umweltbezogenen Aussagen dann groß vermarkten, die eigentlich wenig zur gesamten Reduzierung ihres ökologischen Fußabdruckes beiträgt.

4) Fehlende Zertifizierung

Es ist gängige Praxis, dass Behauptungen über die Nachhaltigkeit eines Produktes ohne Beweise oder Zertifizierungen getätigt werden.

5) Irrelevante Informationen

Ein gutes Beispiel hier ist “Papier aus natürlichen Quellen”. Papier kommt generell immer aus natürlichen Quellen. Das ist kein Resultat des Unternehmens und seiner Tätigkeiten.

6) Versteckte Kompromisse

Marken werben für ein neues Produktmerkmal, das jetzt nachhaltiger sein soll. Sie sprechen aber nicht über die negativen Konsequenzen, die diese Änderung hat. Starbucks hat zum Beispiel einen Deckel ohne Strohhalm eingeführt, um Plastik-Verschwendung zu vermeiden, aber für diese neuen Deckel wurde mehr Plastik verwendet als zuvor.

Wie wird Greenwashing jetzt bekämpft?

Wie in Zukunft mit Greenwashing umgegangen werden soll, wird zwischen dem Rat der Europäischen Union und dem Europaparlament verhandelt. Die EU-Kommission hat in ihrem Gesetzesentwurf drei Maßnahmen vorgeschlagen:

1) Klare Kriterien für die Zertifizierung von Green Claims und Labels
2) Anforderungen an die Überprüfung dieser Angaben und Kennzeichnungen durch eine unabhängige und akkreditierte Prüfung
3) Neue Regeln für die Verwaltung von umweltbezogenen Kennzeichnungssystemen, um sicherzustellen, dass diese solide, transparent und zuverlässig sind.

Außerdem wurde vorgeschlagen folgenden Methoden zu verbieten:

  • das Aufstellen allgemeiner oder wager Green Claims (z. B. „umweltfreundlich“, „öko“ oder „grün“), wenn keine hervorragende umweltbezogene Leistung nachgewiesen werden kann
  • Green Claims über das gesamte Produkt, obwohl es sich tatsächlich nur um einen bestimmten Aspekt des Produkts handelt
  • Verwendung von freiwilligen Nachhaltigkeitslabels, die nicht auf einem Verifizierungssystem Dritter basieren oder von Behörden festgelegt wurden.

Welche Punkte verfolgten die Grünen in den Verhandlungen?

Wir Grünen haben insgesamt 104 Änderungsanträge gestellt. Unsere Prioritäten sind:

  • Verbot von umweltbezogenen Aussagen bei der Verwendung gefährlicher Stoffe. Es sei denn, ihre Verwendung ist essentiell für die Gesellschaft. Die Verwendung umwelt- und gesundheitsschädlicher Stoffe soll in der EU endgültig verboten werden, um erhebliche Schäden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu verhindern: Insbesondere die Verwendung in Produkten welche für Konsument*innen zugänglich sind.
  • Erleichterung des Einsatzes wissenschaftlich fundierter, an differenzierten Kriterien orientierter und offizieller Umweltzeichen-Systeme, wie die des Blauen Engels. Wenn Ansprüche auf der Grundlage dieser Systeme geltend gemacht werden, ist keine zusätzliche Begründung erforderlich. Denn diese Gütesiegel sind unabhängig von Produzenten und entsprechen den europäischen Transparenz- und Governance-Grundsätzen,- Außerdem basieren sie auf einer breiten Beteiligung von Interessengruppen.
  • Unterstützung von kleinen Unternehmen bei der Verwendung von Umweltbezogenen Aussagen. Kleine Unternehmen sollten bei dem Prozess der Einführung und Überprüfung von Umweltbezogenen Aussagen unterstützt werden. Denn sie können sich nicht wie große Unternehmen den Kosten- und Verwaltungsaufwand leisten. Deswegen sollte es einen Solidaritätsmechanismus geben, bei dem große Unternehmen die Zertifizierung von kleinen Unternehmen finanziell mit unterstützen. Zudem sollten die Gebühren für die Verifizierung und Kennzeichnung die Größe des Unternehmens berücksichtigen.
  • Durchsetzung stärken. Nationale Behörden müssen bestehende Kennzeichnungen und Angaben von umweltbezogenen Aussagen überprüfen. Dadurch werden falsche umweltbezogene Aussagen vom Markt entfernt. Ähnlich war es im Jahr 2007, als die EU-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in Lebensmitteln in Kraft trat. Damals entschied die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dass rund 80 % der Lebensmittel-Aussagen entfernt werden müssen, da sie irreführend sind.