Critical Raw Materials Act
Die EU ist abhängig von Rohstoffen, die für die Energiewende, Klimaziele und Digitalisierung benötigt werden. Die Situation hat sich in letzter Zeit sogar verschärft. Zum einen durch Russlands Angriffskrieg und die damit verbundene Notwendigkeit sich von russischen Rohstoffen zu verabschieden.

Die EU ist abhängig von Rohstoffen, die für die Energiewende, Klimaziele und Digitalisierung benötigt werden. Die Situation hat sich in letzter Zeit sogar verschärft. Zum einen durch Russlands Angriffskrieg und die damit verbundene Notwendigkeit sich von russischen Rohstoffen zu verabschieden. Zum anderen durch China, das seit kurzem die Ausfuhr von seltenen Metallen, wie Gallium und Germanium, kontrolliert. Diese beiden Metalle sind übrigens für die Herstellung von z. B. Halbleitern unerlässlich.
Die EU steht deshalb unter Druck, ihre Abhängigkeit zu reduzieren, wenn die europäische Industrie global wettbewerbsfähig bleiben möchten. Dafür nötig ist ein starker gesetzlicher Rahmen für grüne Technologie und echte Kreislaufwirtschaft. Die Kreislaufwirtschaft ist unerlässlich, um strategische und nachhaltige Ziele der EU zu erreichen. Die Europäische Verordnung zu kritischen Rohstoffen (CRMA), ein Teil der grünen Industriestrategie, ist deshalb ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Langfristig zielt die EU darauf ab, den Bedarf an Neumaterialien durch Materialreduktionsziele, Wiederverwendung und Reparatur sowie schließlich Recycling zu minimieren. In den nächsten Jahren werden wir jedoch weiterhin auf die Beschaffung von Rohstoffen für Batterien, Windräder und Solaranlagen angewiesen sein. Das neue Gesetz muss sicherstellen, dass die Beschaffung dieser Materialien so nachhaltig wie möglich ist.
Wie kann eine möglichst nachhaltige Beschaffung sichergestellt werden? Für uns gilt: Partnerschaften und lokale Verarbeitung. Enge Partnerschaften mit ausgewählten Ländern ermöglichen eine vertrauensvolle und langfristige Handelsbeziehung. Diese Beziehung muss beiden Seiten Vorteile bieten. Wenn wir Länder wie dem Kongo in ihren ökologischen Bestreben unterstützen, gibt es auch eine Chance auf sozialen Wandel vor Ort.
Der Vorschlag der Kommission formulierte bis zum Jahr 2030 folgende Ziele für die Stärkung verschiedener Schritte in der Lieferkette in der EU:
- Verbesserung der Kapazitäten der EU zur Überwachung und Minderung des Versorgungsrisiko von CRM
- Diversifizierung des Imports strategischer seltenen Rohstoffe (RM): Bis 2030 sollen maximal 65 % des jährlichen Verbrauchs jedes strategischen RM in einer relevanten Verarbeitungsstufe aus einem einzigen Drittland stammen;
- Europäische Produktionskapazitäten: Eigenerzeugung von mindestens 10 % des Jahresverbrauchs (sofern die Reserven der Union dies zulassen) durch eigene Minen
- Verarbeitungskapazitäten der EU: decken mindestens 40 % des Jahresverbrauchs
- EU-Recycling Kapazität: Erzeugung von mindestens 15 % des Jahresverbrauchs
- Gewährleistung des freien Verkehrs von CRM im Binnenmarkt bei gleichzeitiger Gewährleistung hoher Umweltstandards durch Verbesserung der Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit.
Der Weg zum Gesetz
Das Gesetz wurde von der Europäischen Kommission vorgeschlagen. Nun wird es von den Mitgesetzgebern, dem Rat der Europäischen Union und dem Parlament, erörtert und geändert.
Bei den Verhandlungen werde ich folgende Punkte verfolgen:
Der Vorschlag der Kommission legt keinen Schwerpunkt auf eine Suffizienzperspektive.
Die Kommission schlägt keine Maßnahmen vor, die eine Eindämmung der künftigen Nachfrage ermöglichen. Alle übergeordneten Ziele (Gewinnung, Verarbeitung, Recycling) könnten durch eine Verringerung des Material-Fußabdrucks leichter erreicht werden. Um eine echte Kreislaufwirtschaft und damit auch eine strategische Autonomie zu erreichen, müsste diese Abhängigkeit verringert und nicht auf einen anderen Akteur übertragen werden.
Wir können es nicht riskieren dem Rechtspopulismus oder anderen Angriffen auch nur einen Millimeter Raum zu geben.
Der Vorschlag betrachtet strategische Projekte für die Förderung von Materialien als öffentliches Interesse. Die Einschätzung der strategischen Bedeutung eines Rohmaterials ist zu ungenau. Er umfasst nicht nur den grünen Wandel und die Verteidigung, sondern auch digitale und Weltraum-Anwendungen. Es ist zu erwarten, dass Konflikte über die Interpretation öffentlicher Interessen geführt werden.
Dies birgt die konkrete Gefahr, dass bei den Bürgern starker Widerstand gegen den ökologischen Wandel entsteht, insbesondere angesichts der 24-monatigen Frist für das Genehmigungsverfahren für Bergbau und einer Frist von 90 Tagen für die öffentliche Konsultation.
Genau das ist nämlich in Serbien passiert. Ein Lithium-Bergbauprojekt, das durch Wasser- und Bodenverschmutzung erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt hätte, führt zu den größten Umweltprotesten in der serbischen Geschichte.
Die Ziele für das Recycling stimmen nicht mit dem Ansatz der Kreislaufwirtschaft überein.
Das Recyclingkapazitätsziel bis 2030 (15 %) ist sehr niedrig, was sogar der Kommissar Thierry Breton während der Pressekonferenz einräumte. Eine genauere Methodik der Kreislaufwirtschaft berücksichtigt die Lebensdauer von CRM (z. B. 10 Jahre für Elektrofahrzeuge, 5 Jahre für elektronische Geräte, 25 Jahre für Windkraftanlagen usw.) oder den Aufbau der Recyclingkapazität um eine maximale Wiederverwertung der CRM zu ermöglichen.
FAQ
Was sind strategische Rohmaterialien?
Kritische Rohstoffe sind strategische Rohstoffe, deren Versorgung riskiert ist.
Kriterien für strategische Rohstoffe sind:
- eine hohe strategische Bedeutung aufgrund der Relevanz des RM für den grünen und digitalen Wandel sowie für Verteidigungs- und Raumfahrtanwendungen;
- eine potenziell erhebliche Lücke zwischen dem globalen Angebot und der prognostizierten Nachfrage
- eine relativ schwierige Steigerung der Produktion des RM.
Diese Kriterien können von der Kommission aktualisiert und vervollständigt werden.
Wie wird die Nachhaltigkeit sichergestellt?
Projekte, die in der EU oder international CRM fördern, müssen sich an bestehende Gesetze halten. Dazu gehören die Gesetze der EU, wie zum Beispiel das Lieferkettengesetz und das CSRD. Darüber hinaus müssen Partner die internationalen Richtlinien und Prinzipien der OECD und UN, welche von der EU unterstützt werden.
Und wie genau wird die Kreislaufwirtschaft von CRMA unterstützt?
Die Kreislaufwirtschaft wird durch verschiedene Mittel unterstützt.
- Innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten des Aktes müssen alle EU-Mitgliedstaaten nationale Programme aufstellen und implementieren. Diese Programme werden die Sammlung und Behandlung von Abfallstoffen, die kritische seltene Materialien beinhalten, und ihre Wiederverwendung unterstützen. Sie sollen auch den Einsatz von sekundärem CRM in der Fertigung erhöhen (z. B. durch Recycling-Inhaltskriterien in Vergabekriterien für die Beschaffung).
- Der Einsatz von “neuem” CRM wird reduziert durch drei Maßnahmen: Recycling soll technologisch verbessert werden, CRM effizienter genutzt und wenn möglich ersetzt werden.
- Die Mitgliedstaaten müssen außerdem innerhalb von vier Jahren Maßnahmen zur Rückgewinnung von CRM aus mineralischen Abfällen verabschieden und umsetzen.
Was jetzt?
Das Gesetz wurde in seiner jetzigen Fassung von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, dann von den Mitgesetzgebern, dem Rat der Europäischen Union und dem Parlament, erörtert und geändert. Die Grüne Perspektive wird in den Verhandlungen von unserer Schattenberichterstatterin Henrike Hahn vertreten.
Nach der Plenarsitzung im September haben die Trilogverhandlungen zwischen Rat und Kommission begonnen, in der Hoffnung, dass bis Ende des Jahres eine vorläufige Einigung über den Gesetzesentwurf erzielt werden kann. Unter der Annahme, dass das Dossier vom Gesetzgeber akzeptiert wird, gehen wir davon aus, dass es bis März 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird und 20 Tage später in Kraft tritt. Dieses Gesetz ist eine Verordnung, also ein Rechtsakt von allgemeiner Anwendung, der in seiner Gesamtheit verbindlich ist und direkt in den Mitgliedstaaten anwendbar ist, ohne dass nationale Umsetzungsmaßnahmen erforderlich sind.
Die letzten Erfolge aus den Trilogverhandlungen:
- Die Recyclingbenchmark wird nun auf 25 % des EU-Jahresverbrauchs an strategischen Rohstoffen angehoben. Der Vorschlag der Kommission sah ursprünglich 15 % vor, während der Rat auf 20 % bestand.
- Zusätzlich wird eine Verbindung zum Recycling einer steigenden Menge strategischer Rohstoffe, die in EU-Abfallströmen enthalten sind, hergestellt. Der genaue Umfang dieser Abfallströme und der entsprechende Richtwert für das Recycling werden künftig evaluiert und festgelegt.
- Die maximale Bearbeitungsfrist für strategische Projekte zur Gewinnung kritischer Rohstoffe beträgt nun 27 Monate, während es für Wiederverwertung und Aufbereitung statt der vorgeschlagenen 24 Monate im Mandat des EP und 12 Monate im KOM-Vorschlag nun 15 Monate sind.
- Wir Grüne haben erfolgreich ein klares Ziel für eine “Mäßigung des erwarteten Anstiegs des Verbrauchs kritischer Rohstoffe in der Union” durchgesetzt. Dies verpflichtet die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu, Anstrengungen zu unternehmen, Anreize für technologischen Fortschritt und Ressourceneffizienz zu schaffen und den erwarteten Anstieg des Verbrauchs kritischer Rohstoffe in der Union zu begrenzen. Die Kommission wird bis 18 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung ein Referenzszenario erstellen, und die Mäßigung der Nachfrage wird ein integraler Bestandteil der alle drei Jahre von der Kommission durchgeführten Überwachung sein.
Du willst noch mehr über kritische Rohstoffe wissen?
In der zweiten Folge meines Podcasts INSIDE EU geht es um kritische Rohstoffe und wie wir von ihnen unabhängig werden. Mit Michael Reckordt von PowerShift tausche ich mich zum Critical Raw Materials Act aus. PowerShift arbeitet zu Themen wie Rohstoffpolitik, Handels- und Investitionspolitik sowie Klima- und Ressourcengerechtigkeit.