Abfallrahmen-Richtlinie

Das weltweite Müllproblem wächst schnell. Beispiel Textilien: In der EU verschmutzt der Textilkonsum bereits heute am viertstärksten Umwelt und Klima; nach den Bereichen Ernährung, Wohnen und Mobilität. Die Nachfrage danach ist in den letzten Jahrzehnten um 40 % gestiegen.

Foto einer Müllhalde © vianet ramos

Das Müllproblem hat eine weltweite Dimension und wird immer größer, dazu trägt auch maßgeblich der Textilabfall und die Lebensmittelverschwendung bei - um zwei Bereiche zu nennen, wo sehr große Abfallmengen entstehen.

Textilien

Die Nachfrage nach Textilien ist in den letzten Jahrzehnten um 40 % gestiegen. Auslöser dafür  ist die erdölbasierte Polyester-Faser. Sie ist billig, leicht und ein Treiber der Fast-Fashion Industrie. Immer mehr Textilien bestehen aus Polyester und werden immer seltener getragen, gehen schneller kaputt und der Fasermix aus Polyacryl, Elasthan und Polyester ist nur sehr schwer zu recyceln. Nur 1 % des Materials in unserer Kleidung wird für die Herstellung neuer Kleidung verwendet.

In der EU beträgt die Menge an Bekleidungs- und Schuhabfällen insgesamt etwa 5,2 Millionen Tonnen pro Jahr. Der gesamte Lebenszyklus von Textilien und die dadurch erzeugten Abfälle belasten die natürlichen globalen Ressourcen, welche bekanntermaßen begrenzt sind. Hinzu kommt der Textilmüll-Export, jährlich verschiffen wir aus der EU etwa 4,5 Millionen Tonnen in den Globalen Süden. Die Bevölkerung, Natur und Verwaltung der Länder versinken im Müll. Das verdrängt die lokale Textilindustrie, weil sie nicht mit den billigen Waren aus Europa konkurrieren kann. Was nicht verkauft wird, wird verbrannt, landet in der Natur oder vermüllt Städte und Dörfer. Wir laden unseren Müll dort ab und vergessen ihn.

Das ist ein Skandal.

Um dem entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission eine Änderung der Abfallrahmen-Richtlinie vorgeschlagen: dem europäischen Regelwerk für Müll und Abfall. Nach der jetzigen Regelung werden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum 1. Januar 2025 eine getrennte Sammlung und Entsorgung von Textilien einzurichten. Um dies umzusetzen, müssen die getrennten Sammel-, Sortier-, Wiederverwendungs- und Recyclings-Kapazitäten innerhalb der EU gestärkt werden. Dies erfordert erhebliche Investitionen in den Aufbau der Infrastruktur und die Entwicklung neuer technologischer Lösungen.

Hier kommt die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility - EPR) ins Spiel. Die EU-Kommission hat die Einführung einheitlicher europäischer Systeme der EPR für Textilien vorgeschlagen.

Darauf bauen wir auf und fordern in der neuen Erweiterung der Abfall-Verordnung, dass die Produzenten von Bekleidung die Kosten für die Verarbeitung von Textilmüll (also das Sammeln, die Sortierung, die Entsorgung, die Wiederverwendung und das Recycling) übernehmen. Auch soll in der Verordnung klar festgelegt werden, dass der Export des Textil-Mülls in Drittländer reduziert werden soll. Insgesamt verlangen wir eine schnelle Umsetzung der EPR mit einer Frist von 18 Monaten. Dabei gehen wir einen Schritt weiter als die Europäische Kommission, welche nur eine Frist von 30 Monaten vorschlug.

Außerdem arbeiten wir an der Einführung bindender europäischer Zielwerte für das Sammeln, die Wiederverwendung und das Recyclen von Textilfasern sowie konkrete Höchstmengen für Exporte in Drittländer. Auch wollen wir erreichen, dass der EPR auf Matratzen und Teppiche ausgeweitet wird, da auch hier viel Müll entsteht. Diese Punkte werden wir in den Trilogen (siehe Wie geht es weiter) anbringen.

Nähere Informationen zur Position des Parlaments finden Sie hier.

Lebensmittel

Ein weiteres Müllproblem, das behandelt wird, sind Nahrungsmittelabfälle.

In Europa fallen jährlich 58 Millionen Tonnen an Nahrungs-Abfällen an, das sind 131 Kilo pro Einwohner*in und entspricht einem Wert von 132 Milliarden Euro. Dabei fällt Müll entlang der gesamten „Nahrungskette“ an - also bei der Herstellung, dem Verkauf sowie bei den End-Konsumierenden.

Um das Problem zu lösen, fordern wir die Einführung konkreter Müllreduzierungswerte. Dabei ist unsere Kernforderung die Verminderung um 20% bei der Nahrungsmittelherstellung und um 40% im Verkauf, in Restaurants, Kantinen und Haushalten. Damit doppelten wir die Forderung der Europäischen Kommission. Auch arbeiten wir daran, dass Müll bei der primären Nahrungsproduktion in Drittländern adressiert werden soll. Außerdem kämpfen wir für eine Entkriminalisierung von der Entnahme bereits entsorgter Lebensmittel, dem sogenannten Containern.

Nähere Informationen zur Position des Parlaments finden Sie hier.

„Die Verantwortung für nachhaltiges Einkaufen dürfen wir nicht länger allein auf die Verbraucher*innen abwälzen. Das bestehende lineare Modell muss gestoppt werden – hin zu einem global gerechten, zirkulären Modell. Eine entscheidende Rolle spielen außerdem die Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung. Die Industrie übernimmt endlich die Verantwortung dafür, wo und wie ihr Müll entsorgt wird."

Wie geht es weiter?

Nach unserem Vorbringen zur Erweiterung der Abfallrahmen Verordnung muss der Rat der Europäischen Union seine Position dazu festlegen. Danach beginnen die Triloge - die Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament (uns), dem Rat der Europäischen Union (bestehend aus den Minister*innen der Mitgliedsländer) und der Europäischen Kommission.

Häufige Fragen und Antworten:

Was sind die Ziele der Grünen für das EU Parlament?

Wir haben 86 Änderungsanträge eingereicht. Zu unseren Prioritäten gehören:

Konkrete Zielwerte für die Sammlung, die Wiederverwendung und das Recycling von Textilabfällen. Der momentane Kommissionsvorschlag reicht nicht aus, um eine nennenswerte Reduzierung der Textilabfälle zu erreichen. Zielwerte sind aber sehr wichtig, um der Branche eine Perspektive zu geben - und um von der momentanen Überproduktion zu einer nachhaltigen Produktion zu kommen. 

Außerdem schlägt die Kommission die Einführung erweiterter EPR vor. Derzeit gibt es nur zwei Mitgliedstaaten, Frankreich und die Niederlande, mit solchen Systemen. Wir finden die europaweite Einführung von EPR-Systemen ist ein sinnvoller Schritt. Allerdings muss dabei sichergestellt werden, dass die tatsächlichen Umweltauswirkungen, wie etwa bei Fast Fashion, im EPR-System widerspiegelt werden. Zudem schlagen wir vor, durch EPRs unternehmerische Anstrengungen zu mehr kreislaufwirtschaftlichen Aktivitäten direkt zu unterstützen.

Weiterhin wollen wir die Rolle von Unternehmen stärken, die einen hohen Mehrwert zur Gesellschaft beitragen - z.B. durch Anwendung der Kreislaufwirtschaft. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung sinnvoller Arbeitsplätze und stellen gleichzeitig sicher, dass Produkte repariert, wiederverwendet und ausgetauscht werden - anstatt verbrannt oder auf der Mülldeponie zu landen. 

Zu viel Altkleidung wird exportiert und landet auf Müllhalden in Afrika oder Asien. Das muss sich ändern! Die EU-Abfallverbringungsverordnung schränkt bereits den Export von Textilabfällen ein. Durch eine neue Erweiterung der Abfallrahmen-Richtlinie wird sichergestellt, dass Textilabfälle vorher ordnungsgemäß sortiert werden, damit nur Textilien hoher Qualität exportiert werden - und kein Müll. Darüberhinaus muss garantiert werden, dass EPR-Einnahmen die Abfallentsorgung auch am Exportziel unterstützen.

Die EU hat sich 2015 mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren. Die Kommission hat diese internationale Verpflichtung zur Halbierung der Lebensmittelverschwendung nicht berücksichtigt und nur ein Reduktionsziel von knapp einem Drittel vorgeschlagen. Wir Grünen drängen darauf, dass die EU ihren internationalen Ruf wahrt und ihre Lebensmittelabfälle bis 2030 halbiert - durch Maßnahmen in der Landwirtschaft, in der Logistik, im Einzelhandel, in Restaurants und in den Haushalten.

Welche Ziele verfolgen die Grünen in den Verhandlungen zur Abfallrahmenrichtlinie?

Genaue Ziele für die Menge und Verwendung des Abfalls bis 2030. Es sollte ein progressiver Fahrplan bis 2030 verfolgt werden, der auf den Grundsätzen der EU-Abfallhierarchie basiert. Teil dessen sollte eine verbindliche Abfallreduzierung mit einer maximalen Obergrenze in Kilogramm pro Kopf und Jahr. Außerdem fordern wir verbindliche Maßnahmen zur Wiederverwendung von Abfällen und Produkten.

Designprinzipien der Kreislaufwirtschaft sollen angewendet werden. Dies soll die Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparaturfähigkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten gewährleisten. Reparaturen sollten zur Norm werden. Den Verbraucher*innen muss die Möglichkeit gewährleistet werden, ihre Produkte zu reparieren.

Kreislaufwirtschaft muss strukturell gefördert werden. Nationale Steuersysteme und finanzielle Anreize müssen die Kreislauf-Aktivität fördern, z. B. durch eine reduzierte Mehrwertsteuer auf Reparaturen und gebrauchte Produkte, sowie höhere Abgaben auf Einwegverpackungen und „Pay-As-You-Throw" Maßnahmen. Die EU sollte zudem gezielt Projekte unterstützen, die Wiederverwendung priorisieren.

Wir brauchen strengere Rechtsvorschriften, die dafür sorgen, dass umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe schrittweise ausgemustert werden. Um dies sicherzustellen, brauchen wir ein öffentliches Informationssystem über Materialien, Artikel, Produkte und Abfälle und die darin enthaltenen schädlichen Stoffe.

Wir brauchen klare Regeln für chemisches Recycling. Es sind konkrete Definitionen und Anforderungen erforderlich, damit chemisches Recycling nicht mehr Ansätze der Kreislaufwirtschaft verhindert und die Umwelt negativ beeinflusst. Es sollten nur kontaminierte Kunststoffe chemisch recycelt werden. Ergebnis des chemischen Recyclings sollte lediglich die Herstellung von Kunststoffen und nicht die Produktion von Kraftstoffen wie E-Fuels sein.

Müllverbrennung beenden. Europa muss das Potenzial der Kreislaufwirtschaft verwirklichen. Dafür ist es sehr wichtig, sich von Müllverbrennungsanlagen zu verabschieden. Sie müssen also auslaufen, d.h. sie arbeiten nur noch so lange wie möglich. Ein weiterer wichtiger Schritt ist es die Entwicklung neuer Anlagen zu stoppen
Momentan werden Müllverbrennungsanlagen genutzt, um "unbrauchbaren" Müll zu verbrennen und daraus Energie zu gewinnen. Leider ist das mit enormen Emissionen verbunden.

Wie genau wollen die Grünen die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) verbessern?

Damit Hersteller nicht einfach für „die Umweltverschmutzung zahlen“, muss die Rolle von EPR-Systemen bei der Förderung der Abfallvermeidung ausgebaut werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Geltungsbereich, den Umfang und die Höhe der EPR-Gebühren zu ändern, damit Produzenten effektiver in die Verantwortung gezogen werden. Derzeit konzentrieren sich EPR fast ausschließlich auf Aspekte des Produkt-Endes. Wir sollten jedoch auch Anforderungen zur Abfallvermeidung und Verlängerung der Produktlebensdauer wie Wiederverwendbarkeit, Haltbarkeit und Reparierbarkeit einführen.
Denn momentan wird nur berücksichtigt, wenn Firmen Produkte mit höherer Recyclingfähigkeit herstellen. Es sollte aber auch berücksichtigt werden, wenn andere Abfallvermeidungsmaßnahmen umgesetzt werden. Sei dies die Herstellung reparatur- und recyclingfähiger Produkte, die Vermeidung von Abfall oder das Angebot von Reparaturen. Daher sollte der Umfang der Gebühren erweitert werden.

Außerdem gilt es EPR-Systeme auf andere Kategorien wie Textilien, Möbel, Öle, Matratzen und Lebensmittelabfälle auszuweiten.

Was wird im EU Parlament gegen gefährliche Müllexporte gemacht?

Wir Grünen konnten in den Verhandlungen zur Abfallverbringungsverordnung Mitte November 2023 große Erfolge feiern:

Plastikmüll darf nicht mehr in NICHT OECD-Länder exportiert werden. Dieses Verbot fängt innerhalb der nächsten 2,5 Jahre an zu greifen.

Die EU-Kommission prüft innerhalb der nächsten zwei Jahre die wichtigsten Zielorte für Kunststoffabfälle innerhalb der OECD, und ob dieser Plastikmüll dort auf umweltverträgliche Weise verarbeitet wird. Falls dies nicht der Fall ist, wird die Ausfuhr von Kunststoffabfällen dorthin verboten.

Außerdem haben wir erreicht, dass der Versand in NICHT OECD-Länder nur für ungefährliche Plastikabfälle möglich ist und auch nur mit vorheriger Einverständniserklärung des Exportlandes. Dabei darf maximal 2% des Plastikmülls kontaminiert sein.